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Die Vermessungsexpedition des Nördlinger Ries

Erschienen in der 92. Ausgabe der Bundeszeitschrift des DPB “Kompassnadel” im März 2013

Bericht Vermesserfahrt

In der heutigen Zeit mag es kaum vorstellbar sein, dass immer noch sehr ungenaue Abbildungen von manchen Regionen und Landstrichen in Karten und Atlanten zu finden sind. Lebensfeindliche Gebiete, sehr schlechte Erreichbarkeit, wirtschaftliche Aspekte sowie eine, aus welchen Gründen auch immer, gefürchtete bzw. gemiedene Bevölkerung können unter anderem als Ursache hierfür aufgeführt werden. Mit Freude darf ich verkünden, dass es einer kleinen Truppe von Geodäten und Kartographen aus unserem Bund gelungen ist, einen solchen Flecken, genauer gesagt das Nördlinger Ries, neu zu vermessen. Es folgt ein kurzer Bericht über diese Vermessungsexpedition. Auf Formeln, mathematische Beweise und Auszüge aus den Feldbüchern sei an dieser Stelle verzichtet. Das vollständige Expeditionslogbuch, Feldbücher, Rechenprotokolle sowie die angefertigten Karten werden voraussichtlich auf einem der kommenden Symposien der Naturforscher zu sehen sein, bzw. in gebundener Form bei einem renommierten Wissenschaftsverlag erscheinen.

Der Grundstein der Vermessungsexpedition wurde bereits im Jahre 2011 auf dem Naturforscherkongreß in Mühlheim gesetzt. Dort fanden sich Experten aus den verschiedensten naturwissenschaftlichen Bereichen, die sich einig darüber waren, dass der eingangs erwähnte Umstand nicht hinzunehmen sei. Man vereinbarte daher, eine Expedition im folgenden Jahr zu starten und das Nördlinger Ries mit den alten und bewährten Methoden zu vermessen und zu kartographieren. Bis dahin blieb noch genügend Zeit um sich körperlich auf die Expedition vorzubereiten und sich nochmals mit Herzblut und Hingabe bis in die späten Nachtstunden den trigonometrischen Sätzen und den sphärischen Differentialgleichungen zu widmen.

Am Abend des 12. April des Jahres 2012 war es dann soweit. Es traf sich ein hessisch-schwäbisch-bayerisches Expeditionsteam im naturwissenschaftlichen Institut in Kirchdorf a. d. Amper. Dort fanden nochmals hitzige Diskussionen statt, zum Beispiel darüber, wie man nun am besten den Refraktionskoeffizienten bestimmen sollte oder ob der Richtwert, den unser geschätzter Kollege Carl Friedrich Gauß vorschlägt, für die gewünschten Genauigkeiten ausreiche. So wurde bis spät in die Nacht debattiert und natürlich wurde auch die ein oder andere Narretei angestellt. Am nächsten Tag brach die Gruppe dann gen Nordwesten auf, um das Expeditionsziel zu erreichen. Dort angekommen richtete man sich eine Basisstation in einer kleinen Holzhütte nördlich der Ortschaft Hürnheim ein. Von dort aus hatte man besten Blick über die Region, mit Fernzielen wie den Nördlinger Daniel, den Hühnerberg und der Burgruine Niederhaus.

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Das erste Bild zeigt neben der Expeditionsgruppe (v.l.n.r: turbo, nils, däumling, mischa, hanz) und einigen Messutensilien, auch noch unser Expeditionskarren, der uns gute Dienste erwiesen hat, sowie den für die Richtungsmessungen verwendeten hochgenauen Sekundentheodolit aus dem Hause „Braun & Sohn“.

Die Messungen fanden an den beiden nächsten Tagen wie erwartet ohne größere Schwierigkeiten statt. Einen großen Beitrag dazu lieferte das hervorragende Vermesserwetter, da der leichte Regen bestmögliche Sichtverhältnisse ermöglichte. Es konnte dadurch ein Triangulationsnetz höchster Genauigkeit gemessen werden. Den Maßstab für dieses Netz lieferte eine Basislinie von 200 Metern. Nutzte man die Tagesstunden für die Messungen im Feld, so verbrachte man die Nächte vor den Tabellenbüchern, Zeichenplatten und einem Becher voll grünlicher Molke. Bei einer Besichtigung der Burgruine Niederhaus stellte man eine völlig falsche Abbildung dieser in den Flurkarten fest. Man entschloss sich kurzerhand, die Ruine mittels Winkelprisma und Orthogonalverfahren neu zu vermessen und die Flurkarten zu berichtigen. Um dadurch nicht in Bedrängnis mit dem engen Zeitrahmen zu kommen, teilte sich die Expeditionsgruppe auf. Zur Verständigung zwischen den beiden Gruppenteilen nutzte man das aus der Schifffahrt bekannte Semaphor-Alphabet.

Der Kontakt mit der hiesigen Bevölkerung war überwiegend friedlich. Die Neugierde trieb am Morgen des ersten Tages eine Schar von Frauen zu unserer Basisstation, durch diplomatisches Auftreten kam es allerdings zu keinen Streitigkeiten oder sonstigen Problemen. An beiden Tagen waren wir immer wieder den neugierigen, manchmal auch argwöhnischen Blicken der Einwohner ausgesetzt, diese blieben aber, mit wenigen Ausnahmen, immer auf Abstand. Es ist sicher vorstellbar, welcher Schaden durch die Beschädigung bzw. den Diebstahl eines unserer empfindlichen Messinstrumente entstanden wäre, man erinnere sich nur an das tragische Ende des geschätzten Kollegen James Cook.

Gegen Nachmittag des Sonntages waren die Messungen abgeschlossen. Das Basislager wurde abgebaut, das Equipment auf dem Expeditionskarren verstaut und man kehrte zurück zur Akademie der Wissenschaften. Dort sollen nun die abschließenden Berechnungen stattfinden, damit die endgültigen Ergebnisse letztendlich auf den bewährten Solnhofer Steinplatten für die Lithographie eingraviert werden können. Die Bevölkerung im Nördlinger Ries wartet sehnlichst darauf, endlich die neuen, deutlich genaueren Karten in den Händen halten zu dürfen. Als Dank errichteten sie ein Denkmal nahe der Basisstation, welches auf dem zweiten Bild zu sehen ist. Es zeigt einen wackeren Geodäten, der mit scharfem Auge und der Bundesvermesserfahne in den Händen über das neu vermessene Gebiet blickt.

Im Dienste der Wissenschaft. hanz, Gau Franken

 

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