Getaggt mit: AK Tabubruch

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Tabubruch in aller Munde

Zeit für ein Interview lässt sich neben den bündischen Veranstaltungen auch umzugsbedingt im zivilen Leben, in einer „zivilisierten“ Umgebung finden. So sitzen an einem sonnigen Feiertag Holger Specht und Ebba in einem kleinen Café in Kreuzberg. Holgers Name lässt bei einigen Bündischen inzwischen die Assoziation “Tabubruch” und Prävention sexueller Gewalt im Kopf schwirren. Damit ist das Thema klar.

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Ebba: Holger, wie bist Du zum Thema Prävention gegen sexuelle Gewalt und Missbrauch von Macht gekommen?

Holger: 2003 gab es einen Fall innerhalb des DPB in Berlin und ich kannte die betroffenen Seiten. Die damalige Bundesführung, vor allem unser Bundesvogt Evi, wollte den Fall transparent gestalten und so habe ich mich mit einem weiteren DPBler, bert, heute Bundesjungenvogt, der Sache angenommen. Schnell war es für uns eine Achterbahn, ein wahnsinniges Trudeln.

Wir haben sicherlich viele Fehler gemacht – trotz der Zusammenarbeit mit einer Beratungsstelle. Sogar unser Ruf stand phasenweise auf dem Spiel.

Für uns war danach klar, dass wir uns im Bund professionalisieren müssen. Daraufhin wurde der Arbeitskreis “Macht und Sexualität” gegründet.

Damals fühlten wir uns durch Literaturrecherchen und kleineren Fortbildungen bei “Kind im Zentrum”, eine Beratungstselle, die mit Betroffenen und Tätern arbeitet, eher “intuitiv kompetent”. Heute sind wir unseres Erachtens gut aufgestellt und haben unsere Krisenpläne und Schutzkonzepte mit Fachleuten besprochen.

Neben meinem Beruf als Mediator bin ich seit gut zwei Jahren Fachkraft für strukturelle Prävention sexueller Gewalt und berate selbst Organisationen der Kinder- und Jugendarbeit. Dennoch löst jeder Fall, den ich Dank des Vertrauens in mich bearbeite, bei mir innerlich und biographisch etwas aus. Ich bin mir inzwischen sehr sicher, dass ich in jungen Jahren meine Macht missbraucht oder gar Schamgrenzen anderer Menschen verletzt habe. Z.B. habe ich eine Art „Mobbing“ gegenüber Jungen, die ich als junger Führer weniger gut leiden konnte, billigend in Kauf genommen. Schamgrenzen verletzend war freilich auch das gemeinsame Nackt baden – dass die Gruppendynamik damals zum Gruppenzwang wurde und ich dafür mindestens mitverantwortlich bin, ist mir im Rückblick mehr als klar. Heute würde ich das gewiss anders machen und ohne selbst aufs Nackt baden verzichten zu wollen, es allen anderen laut und deutlich frei stellen, damit jeder seine eigenen Entscheidungen treffen kann. weiterlesen…

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