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Ein Singewettstreit zum Mitwachsen

Morgen steigt in Hamburg die große Singewettstreitsause. Wir nehmen uns dennoch die Zeit etwas Licht auf einen der kleinen Singewettstreite zu werfen. Den Berliner Singewettstreit, der in diesem Jahr zum 50. Mal stattgefunden hat und damit wohl der älteste amtierende Singewettstreit überhaupt ist. Und trotzdem findet Chrissi, es sei ein Singewettstreit zum Mitwachsen.

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Etwa vier Wochen vor dem großen Hamburger Singewettstreit, Ende Januar, findet in der Hauptstadt der „Berliner Singewettstreit“ statt, ausgerichtet vom Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP) und dem Deutschen Pfadfinderbund (DPB). Der Berliner ist einer der kleineren regionalen Wettstreite, hauptsächlich besucht von Gruppen des BdP und DPB Berlin, die üblicherweise auch die meisten Bühnenbeiträge stellen. Er ist aber offen für Mitstreiter und Besucher aus anderen Bünden.

Traditionell nutzen die bekannt guten Berliner Gruppen ihren kleinen Singewettstreit gerne, um für den „großen“ Hamburger Singewettstreit den Auftritt auf der Bühne unter Wettbewerbsbedingungen zu üben und ihm dann hinterher den letzten Feinschliff zu geben. So mag der Berliner Singewettstreit zwar klein sein, aber hier wurde schon so mancher bündischer Ohrwurm uraufgeführt. Außerdem ist der „Berliner“ im Norden neben dem „Bamberger“ im Süden einer der ganz wenigen Singewettstreite, der ausdrücklich eine Kategorie „Meuten“ hat, also ganz selbstverständlich Kindergruppen unter 11 Jahren auf die Bühne bittet und damit das (ambitionierte) Singen in den Gruppen früh fördern möchte. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass deshalb das Niveau des Berliners niedriger läge als anderswo:  Denn früh übt sich …

Rückblick:

Ende November 2012, Elternabend in der BdP-Aufbaugruppe „Alanen“ in Babelsberg. Ich (alter Sack) erkläre den Eltern die pädagogische Konzeption des BdP, erkläre, wie wir Selbstbewusstsein und Selbständigkeit fördern wollen, und erzähle dabei auch, dass unsere Wölflingsmeute (Kinder von 7-10 Jahren) im Januar am Berliner Singewettstreit teilnehmen wird.

„Was singt ihr denn da?“

Ups. Dahin ist mein pädagogischer Anspruch, denn: „Wir singen den „Herrn von Brunzelschütz“. Das ist ein Lied über einen pupsenden Ritter …“ Was halt dabei rauskommt, wenn die Kinder sich selbst ein Lied aussuchen dürfen. Grmpf. „Tirallalala, da raunen noch die Winde“, ja, nä, is klar.

Aber immerhin, sie haben Spaß dabei. Wir üben erst den Text deutlich aussprechen und die Melodie alleine halten können. Dann wird arrangiert (mit den unvermeidlichen Handfürzen) und das Zwischenergebnis bei der Waldweihnacht dem Stamm vorgeführt. Und dann die kritischen Punkte geschliffen, weiter geübt, weiter gearbeitet, selbst der Aufgang auf die Bühne und die Ansage wird geprobt – und dann ist „Der Brunzelschütz“ irgendwann bühnenreif.

Singewettstreit.  Große Aufregung. Die Meuten beginnen. Ein Hin und Her: Fangen wir an? Oder doch die Burgunder? Dann die Entscheidung: Wir treten als letzte auf, erst kommen die Meuten des BdP Stammes Burgund, dann eine Kindergruppe aus dem DPB. Und dann der Schock: Die Meuten der Burgunder singen mehrstimmig! Und dann auch noch ein Solo im schönsten Kinderchor-Jungen-Sopran! Oh, Shit.

Die DPB-Gruppe ist längst nicht so gut, das packen wir.

Aber jetzt müssen wir auf die Bühne. „Hey Kinder: deutlich singen, richtig singen! Darauf kommt’s jetzt an! Wenn wir die Burgunder schlagen wollen, müssen wir perfekt singen!“

Der Aufgang klappt ohne Gerangel, die Ansage ist auch schön laut und nicht verschüchtert. Und dann singen wir los. Aber was ist das: Warum macht die Jury so angestrengte Gesichter und dreht uns die Ohren zu? Laut genug sind unsere Wölflinge doch? Oh nein, sie singen nicht deutlich, man kann den Text nicht verstehen! Bei dem wochenlangen Üben ist die erste Lektion – Worte überdeutlich aussprechen – wieder vergessen worden! Und das bei einem Lied, wo’s nun wirklich auf den (anarchisch-witzigen) Text ankommt! Mist, Mist, Mist!

Aber immerhin sind wir besser als die DPB-Kindergruppe. Am Ende wird’s dann ein erwarteter – und verdienter – zweiter Platz. Ein schönes Feedback gibt’s auch noch:

„Ihr wart witzig, unterhaltsam, und man hat den Kindern angesehen, dass sie Spaß gehabt haben.“

Ach, was wollen wir eigentlich mehr?

Nächstes Mal, na wartet, Burgunder.

Von:

Chrissi stammt aus dem VCP Gau Tronje und arbeitet hauptberuflich für den BdP Berlin-Brandenburg. Sie hat in ihrem Leben schon lauter komische Jobs gemacht, darunter neun Jahre Trekking-Fachverkäuferin in einem größeren Outdoor-Laden, von wo eine gewisse Ausrüstungsaffinität und -expertise stammt. Sie schreibt die Rubrik "Chrissis Ausrüstungstipps".

4 Kommentare zu Ein Singewettstreit zum Mitwachsen

  • Danke netter Bericht!
    Schon so lange gestalten wir die Singewettstreite nun zusammen, ich selber war auf mehr als 30 davon dabei- lange Zeit sehr aktiv oder nun eher passiv. Vielleicht sollten wir wieder etwas enger zusammen arbeiten, denn dann würde das sehr unschöne (und für mich abwertende) Wort „DPB-Kindergruppe“ nicht fallen und dort Wölflingsgruppe stehen! Auch diese Mädels haben lang und intensiv geübt und standen zum allerersten Mal auf einer Bühne!
    Allen Wölflingsgruppen ist größter Respekt entgegenzubringen, dass sie sich trauen, sich dort hin zu stellen und zu singen! Herzlichen Glückwunsch!

    • Hallo cd,
      ich denke nicht, dass Chrissi das mit der „Kindergruppe“ abwerten meinte. Vllt. war das auch nur der Idee geschuldet, dass nicht jeder weiß was mit Wölfling gemeint ist.

      Grüße,

      WoHei

  • Warum wir Euch wohl die Ohren zudrehen? Wir wollen schließlich jede Note mitbekommen.
    Als Jury bin ich in dem Moment echt nicht ansprechbar. Die Konzentration gehört den Sängern. Wer da singt? egal, welcher Bund? egal, Aber wie gesungen wird: Das ist wichtig!
    Am Ende des Wettstreits merke ich die Anspannung, aber es ist eine, auf ihre Art, schöne Erschöpfung. Etwa, wie ein Muskelkater nach einem gewonnenen Sportwettkampf.
    Ich freue mich schon auf den nächsten Berliner Singewettstreit.
    putze

  • Chrissi sagte:

    Lieber CD,
    um das Ganze aufzuklären: „DPB-Kindergruppe“ war rein deskriptiv gemeint und beinhaltet mit Sicherheit keine Abwertung. Tatsächlich ist es so, dass ich bisher nur Menschen kennen gelernt habe, die den Begriff „Meute“ als abwertend empfunden und auf der Verwendung des Begriffs „Kindergruppe“ bestanden haben (ich stamme ja aus dem VCP, da gibt es solche Ansichten). Außerdem gibt es doch, wenn ich das richtig weiß (korrigier mich bitte, wenn ich da falsch liege), im DPB gar keine Meuten, da es keine Arbeit in solch festen Altersstufen vergleichbar den Ringbünden gibt, und ob es den Stand des „Wölflings“ im DPB auch bei den Mädchengruppen gibt, weiß ich einfach nicht, und wollte da nichts Falsches schreiben (wobei der einzige DPB-Wölfling, den ich je kennen gelernt habe, bereits 15 Jahre alt war, was mich zu dem Verdacht bringt, dass der Begriff auch keine Altersbezeichnung im DPB ist-?).
    Der offizielle Name, unter dem die DPB-Kindergruppe aufgetreten ist, war übrigens „Die Jüngeren der Mädelschaft Terre de la Joie“, was ich, als ich den Artikel schrieb, beim besten Willen nicht mehr zusammen bekam und da auch grade nicht nachgucken konnte, weil die Platzierung noch nicht online war. Manchmal ist alles viel banaler…

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